Patientenforum

Forum: Kieferorthopädie

Unsere Zähne sind wichtig für das Kauen, Schlucken und Sprechen. Daher sollten Fehlstellungen von Zähnen korrigiert werden. Wir beraten Sie gerne.

Thema:
Was tun mit meiner Lücke?
Anzahl der Beiträge: 3

EineAntwortgeben Eine Fragestellen AlleForenanzeigen


erstellt: 11.09.2010 - 16:42

Mark aus Heidelberg

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich (20j, männlich) bin zurzeit in kieferorthopädischer Behandlung. Der ursprünglich geplante Behandlungsweg scheint aber nun korrigiert werden zu müssen. Da ich mittlerweile nun als Laie schon mit vielen unterschiedlichen Konzepten und Ratschlägen seitens von Zahnärzten und Kieferorthopäden konfrontiert bin, hoffe ich, Sie können mir mit einer professionellen Meinung weiterhelfen. Der Text ist leider etwas lang geworden aber ich wusste nicht, wie ich mein Problem besser schildern kann, ohne womöglich wichtige Details wegzulassen.

Ausgangslage ist folgende: Mir fehlt erblich bedingt der rechte 2er, an dessen Stelle hat sich von selbst der (etwas verkümmerte) 3er gesetzt während diese Stelle bis vor einer Weile von dem Milchzahn 3er eingenommen wurde. Meine Zähne sind recht schmal (Mausezähne) und in meinem Kiefer ist sehr viel Platz. Die Weisheitszähne habe ich mittlerweile alle und die dürfen wohl auch bleiben. Um die Zahnlücken etwas zu schließen und die Zähne von der Größe besser anzupassen hat mein Zahnarzt mir vor ca. 6Jahren einige Zähne im Frontzahnbereich mittels Composit verbreitert. Mit diesem Ergebnis bin ich nach wie vor seht zufrieden und hatte bislang keinerlei Beschwerden.
Seit ca. 2 Jahren bin ich nun in Kieferorthopädischer Behandlung. Aufgrund eines Umzugs musste ich nach kurzer Zeit schon einmal den Behandler wechseln. Ziel der Behandlung war es, die Rest-Lücken zu schleißen, den Biss zu korrigieren und eine Lücke für ein Implantat auf der rechten Seite vorzubereiten. Die Wurzel des Milchzahns war laut Röntgenbild kaum noch vorhanden. Mein Zahnarzt und Kieferorthopäde waren der Meinung, die Versorgung einer Lücke im Eckzahnbereich sei sehr riskant und schwierig. Daher wurde der Milchzahn gezogen und der 4er an die Stelle des Eckzahns bewegt, sodass sich die Lücke nun an der Stelle 4ers befindet.
Nun hat sich ein Oralchirurg aber die Geschichte angeschaut und meinte, dass der Platz für ein Implantat definitiv nicht reiche. Momentan ist die Lücke etwa 4mm groß. Durch Korrektur einer Mittellinienverschiebung und dem Beschleifen des rechten 2ers (der ja als ursprünglicher Eckzahn größer ist als der 2er links) ließe sich die Lücke laut KFO auf 5mm vergrößern. Dann wäre auch die richtige Verzahnung gewährleistet.
Laut Implantologe bedarf es aber min. 6,5 mm Platz für ein Implantat. Daher schlägt mein Zahnarzt mir vor, auf einen Zahnersatz verzichten und die Lücke nun durch Veneers an den angrenzenden Zähnen schließen. Dazu wäre es aber wiederum besser, die Lücke so klein wie möglich zu halten.
Seit dieser Kurskorrektur agiert mein Kieferorthopäde meiner Meinung sehr konzeptlos und schiebt die gesamte Verantwortung auf meinen Zahnarzt ab. Er meinte man könne nun Mittellinienverschiebung, Verzahnung etc. nicht korrigieren, dann würde die Lücke kleiner bleiben und ich „müsse mir halt überlegen, ob ich mit diesem Ergebnis leben könnte”.
Nun könne man ja noch die Backenzähne (deren Verzahnung momentan stimmt) 1-2mm nach vorne bewegen aber ob das sinnvoll sei, sei „eben nicht seine Baustelle”.
Man könne vielleicht auch alle Compositaufbaufen abschleifen, dann hätte man wieder mehr Platz aber wie das dann aussehe, wisse er auch nicht, weil er mich ja schließlich nie ohne Composit gesehen habe. Außerdem gelingt es ihm nicht, den 4er an die richtige Position zu bewegen (seit 5 Monaten kaum Fortschritt und langsam zweifle ich an seiner Erklärung mit dem „festen Kieferknochen”).
Ich habe daher beschlossen mich von meinem Behandler zu trennen, bin aber zurzeit noch auf der Suche nach jemandem, der die Behandlung weiterführen könnte. Um zumindest davor noch eine Meinung eines KFO zu bekommen, der mit meinem Fall schon länger vertraut ist, habe in den Ferien einen Termin bei der Praxis, die die Behandlung begonnen hatte, wahrgenommen. Die besagte Ärztin war dagegen nach wie vor optimistisch, dass eine Lösung mithilfe eines Implantats realisiert werden könnte und auch angestrebt werden sollte (Vermeidung von Knochenschwund, und Kippen angrenzender Zähne, Ästhetik...). Es gäbe mittlerweile Mini Implantate für die 6mm Platz ausreichen. Durch die oben genannten Korrekturen im Frontbereich plus leichtes Beschleifen des Composits 1er und Öffnung des Zahnwinkels, ließe sich die Lücke so wahrscheinlich weit genug öffnen. Jedoch fehlen ihr aktuelle Abdrücke, deshalb wollte sie sich nicht 100% festlegen.

Aufgrund dieser Einschätzung, die mich etwas überrascht hatte, habe ich mir die Meinung eines 2ten Implantologen eingeholt.
Dieser meinte wiederum, eine Implantation sei zwar möglich, aber er würde sehr davon abraten bei <7mm. Die kleinen Implantate brechen wohl sehr schnell und optisch wäre es auch nicht optimal*. Er wiederum ist der Meinung, dass es am besten gewesen wäre, statt den 4er nach hinten, den 3er an seine ursprüngliche Position zu bewegen und den 2er zu implantieren - dafür wäre es aber jetzt wahrscheinlich zu spät (wg. evtl. Wurzelüberlastung durch hin und zurückschieben. Ohnehin sollten Zähne an ihrer ursprünglichen Position bleiben, im Backenzahnbereich sollte besser nichts verschoben werden). Er räumte aber ein, dass ein Frontzahnimplantat eine sehr schwierige und heikle Sache sei und nicht jeder das könne. Was mir dazu aber nicht einleuchten will ist, warum in diesem Fall der Platz dann doch reichen soll - schließlich wird der Kiefer ja nicht größer, wenn die Lücke an einer anderen Stelle liegt. Nicht zuletzt haben 3KFOs und 1Zahnarzt diese Möglichkeit nicht in Betracht gezogen. Und wenn die Implantation an der Lücke am 2er scheitern würde, wäre das ja ästhetisch eine Katastrophe. Nunja, aufgrund der momentanen Situation hält er aber die Lösung mittels Veneer für am sinnvollsten. Die Risiken die bei dem Verzicht auf ein Implantat entstehen würden sieht er dagegen eher unproblematisch.

*(An anderer Stelle in diesem Forum wurde von Herr M.Sc. Nischwitz das Zimmer-One-Piece Implantatsystem als Option bei kleinen Lücken erwähnt. Dort hieß es wiederum, diese Implantate seien trotz ihrer Größe nicht weniger robust als normale Implantate. Weitere Informationen zu dieser Lösung konnte ich leider nicht finden, wäre so etwas vielleicht doch eine Alternative?)

Kürzlich hatte ich dann noch ein Beratungsgespräch bei einem neuen KFO, der jedoch die Behandlung nicht weiterführen kann (arbeitet mit anderen Bracketsystemen). Er hält es jedenfalls für am sinnvollsten, alle Backenzähne bis auf Weisheitszahn (der kommt wohl von selbst) nach vorne zu bewegen, sodass die Lücke quasi ganz hinten liegt. Diese Lösung sei zwar recht zeitaufwändig, aber ich bräuchte keinen Zahnersatz und hätte daher wahrscheinlich nie mehr Probleme. Eine Implantatlösung am 4er hält ebenfalls für möglich. Die Option mittels Veneer sei seiner Meinung nicht ideal, eine Implantation am 2er definitiv zu vermeiden (Also das exakte Gegenteil des 2. ZA).
Nun werde ich noch bei der Zahnklinik vorbeischauen, vielleicht haben die dann auch noch ein anderen Vorschlag..

Lange Rede, kurzer Sinn, jetzt stehe ich als Laie zwischen den Fronten und habe einen Haufen Experten, die sich nicht einig sind. Zwar habe ich wahrscheinlich mittlerweile alles über Brücken, Implantate etc. gelesen, was das Internet an Laienwissen hergibt, aber das hilft mir hier auch nicht weiter. Natürlich würde ich die Behandlung auch in absehbarer Zeit gerne abgeschlossen wissen. Wie schätzen Sie meine Situation ein und zu was für einem Vorgehen würden Sie mir raten?


Da es schwierig ist, die Situation nur anhand von Text zu beschreiben, habe ich einige aktuelle Fotos und ein Röntgenbild hochgeladen. Vielleicht kann Ihnen das bei einer Einschätzung helfen:
http://img444.imageshack.us/g/rntgenbildzhne.jpg/
hier einzeln:
http://img444.imageshack.us/img444/470/rntgenbildzhne.jpg
http://img525.imageshack.us/img525/7070/zhnefrontal.jpg
http://img186.imageshack.us/img186/701/zhnelinks.jpg
http://img683.imageshack.us/img683/3950/zhnerechts1.jpg
http://img713.imageshack.us/img713/6585/zhnerechts2.jpg
http://img688.imageshack.us/img688/3748/zhneunten.jpg

Mit freundlichen Grüßen,
Mark

Hallo Mark,
da sieht man, daß die Kollegen oft viele "verschiedene Wege nach Rom" suchen und finden.
Prinzipiell gilt, daß man in einem Lückengebiss mit schmalen Zähnen und breitem Knochenangebot keinen Lückenschluss anstreben sollte.
Normalerweise sollte man ein Implantat an die Stelle setzen, an der der Zahn fehlt. Ob das hier möglich gewesen wäre (also Rückbewegung des 3ers an die Stelle des Milch-3ers), ist schwer zu beantworten.
Prinzipiell sollte auch beachtet werden, daß die Implantate die sie treffenden Scherkräfte bruchsicher überstehen können und müssen. Der Mindestdurchmesser des Implantates von 3,5mm sollte an Stelle des oberen Vierers nicht unterschritten werden.
Hält man dann den notwendigen Abstand des Implantates zum gesunden Nachbarzahn ein (damit der Knochen dort nicht geschädigt wird), dann sind auf Höhe der Knochenkante 6,5mm Mindestabstand zwischen den Zähnen notwendig.
Prinzipiell sollte in Ihrem Alter eine funktionierende Seitenzahnverzahnung nicht aus ästhetischen Gründen beschädigt werden; d,h. eine nach Vorneverlagerung der Seitenzähne scheidet -ohne gleichzeitige Eingriffe im Gegenkiefer- eigentlich medizinisch aus.
Was bleibt ?
Mit Hilfe von fest eingedrehten TOMAS-Pins müsste sich die Lücke doch eigentlich weiter öffnen lassen. Dazu sollte der Kieferorthopäde in Zusammenarbeit mit einem Implantologen in der Lage sein.
Lässt sich an der Lückensituation nichts mehr kieferorthopädisch verändern, würde ich bei anhaltendem ästhetischen Leidensdruck eine Vollkeramikbrücke mit einem Anhänger nach hinten auf die Frontzähne befestigen und den Anhänger in die Gingiva so geschickt einlagern, daß dies nicht auffällt.
Meist kann man damit auch die Form und Stellung der 3er und 4er, die ja bei Ihnen jeweils um 1 Zahnbreite zu weit vorne stehen, besser an den Frontbogen anpassen.
Machen Sie das Beste daraus
Gruß
Dirlewanger

erstellt: 15.09.2010 - 17:11

Mark aus Heidelberg

Ersteinmal vielen Dank für Ihre gute und ausführliche Antwort! Ich würde gerne zu einigen Punkten noch etwas genauer nachfragen.

„Ob das hier möglich gewesen wäre (also Rückbewegung des 3ers an die Stelle des Milch-3ers), ist schwer zu beantworten.”

Bedeutet „wäre”, dass diese Möglichkeit nun definitiv nicht mehr besteht?
Denn langsam bekomme ich den Eindruck, dass ein Implantat am 2er die beste Versorgung in meinem Fall darstellen würde.
Ich bin in der Tat nicht begeistert von der Vorstellung den 4er wieder zurückzubewegen und den 3er ebenfalls umzusiedeln, aber mir scheint, dass alle anderen Möglichkeiten nur auf noch größere Kompromisse hinauslaufen würden.
-Die Idee alle Backenzähne nach vorne zu bewegen hat schon bei mir ein mulmiges Gefühl erzeugt, Sie scheinen dies ja ebenfalls für nicht sinnvoll zu halten. Zudem wäre der Zeitaufwand enorm.
-Eine weitere Lückenöffnung an der Stelle des 4ers scheint ja recht schwierig zu sein. Sofern ich das richtig verstanden habe benötigt ein Implantat am 4er mehr Platz als am 2er, da größere Belastung getragen werden müssen. Ob der nötige Platz geschaffen werden kann, muss noch abgeklärt werden.
-Ein Implantat am 3er (wie es ganz am Anfang geplant war), scheint aufgrund der hohen Funktionellen Bedeutung des Eckzahns mindestens ebenso schwierig zu sein.
-Ihr Vorschlag, falls eine Implantation nicht möglich sei, stattdessen eine Vollkeramikbrücke zu verwenden, würde meines Wissens ein massives Beschleifen gesunder Zähne erfordern und wäre ebenfalls nicht optimal.
-Die Verwendung von Venners ist laut meinem Zahnarzt ohnehin ein Kompromiss.

Was bleibt sonst übrig? An dieser stelle wundert mich nur, warum seitens der KFOs ein Implantat am 2er nicht in Betracht gezogen wurde. Generell hieß es dort, dass man Zähne nach vorne bewegen sollte und nicht nach hinten. Und Implantate im Frontzahnbereich sei keine gute Idee, weil viel zu riskant und schwierig und ein Rückgang des Zahnfleischs zu befürchten wäre und man die Schrauben sehen könnte etc.
Sind diese Risiken tatsächlich so groß, oder ist diese Auffassung Ihrer Meinung mittlerweile überholt?

Grüße,
Mark


Login nur für Mitglieder