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Forum: Implantologie

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Thema:
Oklussion bei Implantaten
Anzahl der Beiträge: 4


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Bisherige Beiträge

erstellt: 15.05.2010 - 18:35

Fr. Schmitt alias Schnurrpsi aus Heidelberg

Hallo, ich hatte bereits schon mal ein Frage gestellt. Wenns möglich ist hätte ich gerne genauere Antworten. Es ging ja darum:
Linke Kauseite beissen Implantate im UK auf echte Zähne im OK. Rechte Seite beissen Implantate im OK auf Implantate im UK. Mein alter Zahnarzt sagte : die rechte Seite sollte etwas weniger Kontakt haben wie links weil Impl. auf Impl. beissen.
Stimmt das jetzt oder nicht? Ich würde mir nämlich dann rechts erhöhen lassen obwohl die Implantat-Kronen schon 4 Jahre alt sind weil irgendwie merken kann ich den Höhenunterschied links und rechts schon.

Warum sagen eigentlich manche Zahnärzte Implantate sollen niedriger sein wie Echtzähne und manche sagen sie sollen genauso hoch sein? Was gilt jetzt wirklich?
Und soll eine Eckzahn also der 3 er Zahn mehr Kontakt haben wenn der 4er Zahn ein Implantat ist?

mfg

Sehr geehrte Frau Schmitt,
Zähne und Implantate werden hinsichtlich der Zahnkontakte gleichwertig angesehen und behandelt/ gearbeitet/ hergestellt. Wen Sie also ein "asymmetrisches" Gefühl haben, so sollten Sie das ändern/ ausgleichen lassen. Das ist leicht gesagt, jedoch nicht ganz so leicht umgesetzt. Selbst wenn die Kronen von den Implantaten heruntergenommen sind (ohne daß diese dabei Blessuren davontragen), müssen idR neue Kieferabdrücke/Modelle etc angefertigt werden. Dann muß im zahntechnischen Labor Keramik aufgebrannt werden. Dabei kann es, gerade weil die Arbeit schon einige Zeit in Ihrem Munde war, zu Blasenbildungen im Porzellan während des Brennprozesses kommen; Keramik unterliegt nämlich auch einem gewissen "Alterungsprozeß".
Bevor Sie also starten, sollten die Kosten klipp&klar besprochen sein.
Daß der eine dies, und der andere jenes sagt, liegt auch daran, daß (Zahn)Medizin keine exakte Naturwissenschaft wie zB Physik ist. Für viele Fragestellungen gibt es keine 100%-ig exakten Untersuchnungen; dies hat häufig auch ethische Gründe.
Mit bestem Gruß aus Neu-Isenburg
Dr. Frank Püllen, MMSc

Guten Tag Frau Schmitt,

Ihre Frage hat einen sehr komplexen Hintergrund und ist nicht so leicht zu beantworten, weil es von Patient zu Patient unterschiedliche Anforderungen an die Okklusion geben kann. Ich versuche die Frage so einfach wie möglich und so differenziert wie nötig zu beantworten.

1. Unter Okklusion verstehen wir den Zahnkontakt an sich. Ob es sich dabei um Zahnkontakt von echten Zähnen oder von Zahnkontakt von Kronen auf Implantaten handelt, ist zunächst unerheblich.

2. Wir unterscheiden eine statische Okklusion, Zahnkontakt ohne Bewegung des Unterkiefers (auch beim Pressen), und eine dynamische Okklusion, Zahnkontakt bei sich bewegendem Unterkiefer (auch beim Knirschen).

3. Im natürlichen und optimal verzahnten Gebiss haben die Zahnstellung jedes einzelnen Zahnes, sowie die Morphologie (Oberflächenstruktur) jedes einzelnen Zahnes bestimmte Aufgaben zu erfüllen. Neben Lautbildung und Ästhetik vor allem die unproblematische und mit wenig Kraftaufwand mögliche Nahrungszerkleinerung.
Das Zahnsystem muss aber auch in der Lage sein, entsprechend auftretende Kräfte beim Knischen und Pressen ohne Schaden abzuleiten, also bei einer Überbeanspruchung von statischer und dynamischer Okklusion der Zähne, ohne Nahrungsaufnahme.
Stimmen hier Zahnstellung und Morphologie nicht in optimaler Weise mit der Notwendigkeit der Kraftübertragung überein, wird es im Laufe der Zeit zu Veränderungen und Defekten in dem ganzen System kommen.
Das reicht von Zahnhartsubstanzdefekten, Zahnfleisch- und Knochendefekten, über Frakturen beim Zahnersatz oder bei Implantaten, bis hin zu Muskel- und Kiefergelenkproblemen.

4. Natürliche Zähne sind mit Hilfe eines Kollagenfasergeflechtes im Knochen "aufgehängt", vergleichbar mit der Verbindung der Sprungfläche eines Tramoplins zu dessen Metallrahmen. Das bedeutet, dass die Zähne, je nach Krafteinwirkung in alle Richtungen etwas nachgeben können.
Diese Auslenkung der Zähne ist in ihrer Größe abhänging von der eingeleiteten Kraft, diese wiederum von der aufgewendeten Kraft beim Knischen und Pressen, der Zahnstellung und der Oberflächenmorphologie jedes einzelnen Zahnes.
Die Größe der Auslenkung bewegt sich immer innerhalb eines Bruchteiles von einem Millimeter.

5. Implantate können nicht nachgeben, weil sie fest mit dem Knochen verwachsen sind.

6. Aus diesem Grund möchten Zahnärzte Zähne auf Implantaten und natürliche Zähne gleichmäßig belastet haben, in statischer, wie dynamischer Okklusion.
Wenn Sie nun in statischer Okklusion fest mit den Zähnen pressen, so können sie Ihre natürlichen Zähne etwas eindrücken, die Implantate nicht. Dadurch kann es zu einer Mehrbelastung der Implantate kommen, in der Größe der Beweglichkeit der natürlichen Zähne in den Knochen hinein (Bruchteil von Millimetern, abhängig von der vom Patinent aufgewendeten Kraft beim Pressen).
Entsprechendes gilt für die dynamische Okklusion.

7. Das ganze Problem kommt also nur dann zum tragen, wenn der Patient mit seinen Zähnen knischt und presst, und ist dann noch von der dafür verwendeten Kraft abhängig.
Das hat ihr Zahnarzt bei der Diagnostik vor der Behandlung festgestellt, und eine für Sie vermeintlich funktionierende statische und dynamische Okklusionssituation geplant, und mit Hilfe ihres Zahnersatzes versucht umzusetzten.

8. Trotzdem wird es in bestimmten Fällen zu Problemen kommen, weil wir mit Hilfe von Abformungen und Registierungen versuchen müssen, ein absolut dynamisches und aufeinander eingespieltes, teilweise sehr flexibles System von unterschiedlichen Geweben (Zähnen, Zahnfleisch, Kollagenfasern, Knochen, Bändern, Muskeln) in starre Gipsmodelle und starre Artikulatoren (zur Nachbildung der Okklusion) zu übertragen. Wir sind uns darüber im Klaren, dass eine Übertragung kleinster Beweglichkeiten (Bruchteil eines Millimeters) mit Hilfe der uns zur Verfügung stehenden Methoden nicht möglich ist.
Das ist in aller Regel aber auch nicht zwingend notwendig, weil es in dem Zusammenspiel der einzelnen Gewebe ausreichende Toleranzen gibt, die ausgleichend wirken. Wir sind aber immer darauf bedacht die Natur so genau wie möglich zu übertragen und nachzubilden, um immer sicher in den uns zur Verfügung stehenden Toleranzgrenzen der einzelnen Geweben zu bleiben.

9. Ihre Frage kann somit nicht pauschal beantwortet werden, weil sie von den jeweils individuellen Anforderungen an die Okklusion abhängig ist, und im Einzelfall getestet und modifiziert werden muss.

10. Wenn Sie subjektiv einen Unterschied zwischen beiden Seiten in der Okklusion spüren, kann die Toleranzgrenze einzelner Gewebe überschritten sein. Das sollte überprüft werden, was allerdings wieder mit einem Mehraufwand und Mehrkosten verbunden sein wird.
Die Frage einer Korrektur ist dann vor dem Hintergrund aller oben genannter, aber auch der von meinem Kollegen Dr. Püllen bereits angesprechenen, materialtechnischen Eigenschaften und Problemen, zu betrachten.

Eine Entscheidung über die Vorgehensweise muss demnach individuell getroffen werden. Ich hoffe meine Ausführungen helfen zu Ihrem Verständnis.

Freundliche Grüße

Hans Gärtner

Meine Erfahrung bzw. Ansicht: Implantate wie natürliche Zähne im Seitenzahnbereich sollten gleichmäßig belastet werden. Begründung: das "Einsinken" der natürlichen Zähne durch Nachgiebigkeit der parodontalen Fasern tritt nicht bei natürlicher, kurzzeitiger Belastung auf, sondern nur bei längerdauernder, unphysiologischer Belastung. Bei kräftigen Zähneknirschern gibt es aber kein Patentrezept, da hilft nur ein/e erfahren/e Behandler/in und eine individuelle Analyse des Problems. "Tiefer gelegte" Kronen sind aber m.A. kein Ausweg aus dieser Problematik !
Gruß aus Kiel, Florian Stephenson


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